Grüße aus Siem Reap

WhatsApp Image 2019-01-02 at 13.47.23Der Wecker klingelt, die Sonne scheint durch das Fenster, Rufe schallen durch die Luft und die Klänge einer Hochzeit ertönen. Aufgestanden, umgezogen, Tasche gepackt und auf geht’s. Mit einem lächelnden Blick schaue ich noch einmal von meinem Balkon hinunter: sich im Schlamm suhlende Wasserbüffel, Palmen und Reisfelder. Ich laufe die schmale Treppe hinunter und überlege ob es kalt genug für eine Jacke ist. Denn auch hier – in Kambodscha – ist es Winter. Bei 20°C kann es auf dem Moto schon ganz schön kalt werden.

WhatsApp Image 2019-01-02 at 13.47.23 (1)Nachdem ich nochmal hochgerannt bin um mir doch eine Jacke mitzunehmen, manövriere ich mein Moto aus dem Tor, setze mich drauf und fahre los. Erst über braun-rote, mit Schlaglöchern verzierte Staubstraßen, dann biege ich auf die asphaltierten und etwas mehr befahrenen  Straßen ab. Ab jetzt schlängle ich mich durch TukTuks, Reisebusse, Autos mit Video schauenden Autofahrern, Motos mit 1 bis 5 Passagieren und Motos mit Tieren oder stapelweise Waren drauf. Aufmerksam schaue ich in die Rückspiegel, in jede Straße, auf Ampeln, auf Blinker, auf Bremslichter, auf Entgegenkommenden Verkehr, auf Handzeichen, auf laufende Menschen und auf die Gesichtsausdrücke der Verkehrsteilnehmer um sicher bis zur Arbeit zu kommen. Ich fahre vorbei an kleinen Essenständen, an schöner Landschaft, vielen Shops und an weihnachtlich-kitschig geschmückte Hotels (Kambodscha ist ein hauptsächlich buddhistisches Land in dem Weihnachten so gefeiert wird wie in Deutschland Halloween).

WhatsApp Image 2019-01-02 at 13.47.24Nach einer halben Stunde schaue ich noch kurz auf die Schemen von Angkor Wat und biege auf den Schulhof meiner Schule ein. Einige Schüler sind schon da, putzen, spielen oder essen. Nachdem meine 4 Kollegen nach und nach eingetrudelt sind erfahre ich teilweise wie mein Tag aussehen wird. Ist meine Kollegin die Level 3 unterrichtet beschäftig, springe ich für sie ein, ansonsten bereite ich den Unterricht für den zweiten Teil der Stunde vor: Montags Mathe, dienstags Kunst, donnerstags Science, mittwochs und freitags übernehmen andere Kollegen Sport und Musik; gestalte die Website; berichtige Reports; baue einen Weihnachtsbaum aus Plastik Flaschen oder mache was sonst noch so ansteht. 2 Mal die Woche wird um 9:30 und um 15:30 gekocht. Meistens ist es Reis mit Khmer Suppe. Die ersten paar Tage war es etwas befremdlich Reis und eine richtige Mahlzeit so früh am Morgen zu essen, doch nach einer Weile gewöhnt man sich daran bis man von selber morgens im Restaurant „fried rice with vegetables“ bestellt.

WhatsApp Image 2019-01-02 at 13.47.24 (2)Tennisspielenderweise beginnt die lange Mittagspause: regelmäßig mit vielen Ausnahmen versuche ich mein Bestes um meinen Kollegen etwas Deutsch beizubringen. Den Rest der Zeit wird gesungen, Khmer Musik gehört, auf Facebook umhergescrollt, geschlafen, nach Hause gefahren, gegessen, am Handy sonst irgendwie die Zeit verbracht oder gearbeitet. Nachmittags geht das gleiche von neuem los  und zwischen 4 und halb 6 mache ich mich dann auf den Weg zurück nach Hause um noch rechtzeitig den Sonnenuntergang auf dem Balkon zu bestaunen.

Gegessen wird dann entweder selbst gekochtes oder an der Riverside für 1$ von einem der vielen Straßenständen Erstandenes. Ganz der Khmer Kultur entsprechend fallen mir gegen 9 Uhr schon fast die Augen zu und begleitet von naher Khmer Festtagsmusik und ferner Pup-street-party-musik klingt der Tag aus: anstrengend, spaßig und voller neuer Erlebnissen.

WhatsApp Image 2019-01-02 at 13.47.24 (1)

 

Zwischenbericht

86 Tage, fast 3 Monate, 2 Städte, 3 Unterkünfte – Es ist viel passiert, die Wochen sind wie Jahre und die Monate wie Wochen. Bin ich nicht gerade erst angekommen? Lebe ich wirklich schon ein viertel Jahr in Kambodscha? Wenn man jedoch zurück guckt ist so viel passiert, jede Woche war vollgestopft mit Eindrücken, Erlebnissen, Erfahrungen, Herausforderungen, Gefühlen und neuen Menschen.

Meine Zeit in diesem neuen, mir immer bekannter werdenden Land kann ich eindeutig in 2 Teile einteilen. Die ersten 5 Wochen habe ich in der Blase in Phnom Penh gewohnt. 7 Jugendliche hocken aufeinander, haben Spaß, genießen ihre Zeit und lernen eine neue Kultur kennen- jedoch meist aus der Ferne. Erst eine Woche Einführungsworkshop mit viel Wiederholungen und kambodschanischem Essen. Jeden Tag sitzen wir zusammen und unterhalten uns über unsere Eindrücke und Beobachtungen: Wie funktioniert das Land? Wie verhalten sich die Menschen? Was ist anders? Was ist besser? Uns fällt viel auf, aber wir übersehen auch vieles. Die gemeinsame Zeit hilft uns allen, wir werden nicht sofort ins kalte Wasser geschmissen, kühl ist es zwar schon, aber nicht so eise kalt wie wenn wir alleine ohne mentale und organisatorische Unterstützung da säßen. Die folgenden 4 Wochen sehen ziemlich gleich aus, vormittags gehen wir gemeinsam zum Sprachkurs um Khmer zu lernen- die Basics klappen, doch alles darüber hinaus, da habe ich große Zweifel. Danach gemeinsames Mittagessen vom Markt oder dem Nudelsuppenstand, daraufhin entspannen wir uns in der klimatisierten Wohnung und dann geht es schon auf zur Arbeit. Der erste Tag war kurios, ich wurde nach der langatmigen Vorstellung aller NGOs und dem gemeinsamen Essen mit netter, aber ziemlich angespannten Unterhaltungen in das Büro geführt. Ich saß in dem wohnzimmerartigen Raum auf dem Boden und wurde von einem der mitarbeitenden Mönche mit lauten Worten und geworfenen Blütenblättern begrüßt. Danach stellten sich alle mit Namen vor – ich konnte mir keinen einzigen merken. Den ersten Tag lass ich mir viele Berichte über die Organisation durch danach wurde ich schon recht bald in die Arbeit meines Mentors eingebunden. Er gab mir Berichte und Lernpläne zum Korrigieren, stellte mir verschiedene Mitarbeiter vor, die mir über ihre Arbeit berichteten und erstellte mit mir einen Workshop zum Thema „Skillfull Parenting“. Alles eigentlich ziemlich cool, für den ersten Monat echt super. Trotz regelmäßigen, unglaublich freundlichen Gesprächen mit dem Mr. President und dem netten Umgangston (SCC policy: love and be nice to each other) war die Atmosphäre im Büro etwas distanziert, so dass ich die WG zuhause wirklich gebraucht habe – woran das lag, das weiß ich nicht, vielleicht ist einfach aller Anfang schwer. Freundschaftlicher Kontakt mit Khmers ist schwer zu finden (nicht unmöglich), vor allem wenn man nicht den drang hat „raus“ zu gehen und Bekanntschaften zu machen – da würde sich auch die Frage stellen: Wo? –wenn man seine gesamte Zeit mit netten, deutschen Freiwilligen verbringt, die genauso begierig sind wie man selbst die Stadt kennenzulernen, das Essen zu probieren und über die Zeit zu reflektieren. Als meine Zeit in Phnom Penh dem Ende hinzu ging war ich also froh raus aus der Blase zu kommen, aber auch traurig das doch so schöne, gemeinsame WG Leben hinter mir zu lassen. Am 24.09 machte ich mich also mit gebrochenen Khmer, Sorge und Freude über die bevorstehende Zeit auf den Weg nach Siem Reap.

Gastfamilie – Super um die Kultur kennen zu lernen und Anschluss an die Menschen vor Ort zu bekommen. Doch es gab ein kleines Problem, meine Familie konnte leider kein Englisch und aufgrund meines mangelhaften Khmers beschränkten sich unsere Unterhaltungen auf: njam bei? und chniang? Ich habe zwar viel Essen probiert und einen guten Einblick in eine Khmer Familie bekommen jedoch war es auch sehr einsam. Mir war klar, dass ich als kommunikative Person keine 3 Monate dort leben kann. Relativ bald habe ich nach deutschen gesucht, damit ich mich besser austauschen kann. (Es ist schade, aber wahr – am besten kann man seine Erfahrungen und Eindrücke in seiner Muttersprache teilen und vor allem mit Menschen die das gleiche durchmachen wie man selber) Direkt am Tag nach meiner Ankunft bin zur Arbeit gefahren. Ich habe ein Moto bekommen, mir wurden die Mitarbeiter vorgestellt und am Nachmittag ging es zum ersten Mal in die Schule. Nach anfänglicher Schüchternheit und Überforderung durch die ganzen neuen Eindrücke habe ich die Arbeit schnell kennen und lieben gelernt. Vormittags (8-10) unterrichte ich gemeinsam mit Savon, sie ist in der Schule meine Ansprechpartnerin. Da sie öfters mal nicht da ist oder zu spät kommt habe ich nach anfänglichem Zuschauen auch angefangen ab und zu komplett alleine zu unterrichten – Ja, es ist ein Challenge. Ja, es macht unglaublich Spaß. Danach unterrichte ich eine halbe Stunde den Lehrern ein bisschen Deutsch. Daraufhin habe ich Mittagspause, meistens bereite ich Unterricht vor, bearbeite Reports, poste etwas auf der Facebook Seite, schreibe meinen Zwischenbericht und esse mit einem Kollegen, der auch in der Schule bleibt. Um 14 Uhr beginnt die nachmittags Einheit, meistens machen wir das gleiche wie am Vormittag und um 16 Uhr kommen etwas ältere Kinder für eine Stunde vorbei. Die Kollegen sind alle unglaublich herzlich und nett. Oft sitze ich zwar nur daneben, wenn sie Khmer sprechen, doch ich werde gut mit einbezogen – man kann es Freundschaft nennen. Der Arbeitsplatz Schule fühlt sich eindeutig nicht mehr an wie die Blase in Phnom Penh. Man geht auf das Klo ohne Strom und Klopapier. Unterrichtet mit Stift, Tafel und zerfledderten Heften, spielt mit den Kindern auf dem staubigen Schulhof und ist durchgehend mit Khmer Menschen umgeben. Gut so!

Nach einem Monat in der Gastfamilie habe ich über Facebook nach einer WG umgeschaut. Eine Woche später bin ich in eine schöne Dreizimmerwohnung mit einer Schweizer Mitbewohnerin eingezogen. Die dritte im Bunde will im Laufe dieser Woche einziehen. Es ist schön zusammen zu leben und sich über das Leben hier auszutauschen. Zurückblickend haben die Vorbereitungswochen mich stark sensibilisiert und Blickrichtungen eröffnet, die mir hier bei der Reflektion sehr stark helfen. So lebe ich hier mein Leben, eigenständig, auf mich allein gestellt. Ganz anders als in Phnom Penh, aber auch schön – ein bisschen Blase ist zwar noch da, aber nicht mehr ganz so viel.

Drei Monate sind um, doch richtig angekommen fühle ich mich noch nicht. Sicherlich liegt es auch daran, dass ich erst ein paar Wochen in der neuen Wohnung lebe, dass ich an vielen Wochenenden weg fahre und das der Tag irgendwie doch immer gefüllt ist. Doch trotzdem freue ich mich schon darauf, wenn ich meine Alltagsroutine gefunden habe, mich auch ab und zu mal langweile, so dass ich mehr Sachen ausprobieren kann, mehr Menschen kennen lernen kann (doch eigentlich hat das schon ganz gut geklappt), mehr Zeit zum Nachdenken habe und vor allem mehr Zeit zum Lernen der Sprache: Immer wieder habe ich kleine Motivationsschübe, vor allem als ich in der Gastfamilie gelebt habe, doch im Großen und Ganzen scheint mir das Erlernen einer neuen Sprache als eine viel zu große Aufgabe, ich habe das Gefühl, dass ich in diesem Jahr nie zu dem Punkt kommen werde, an dem ich die Sprache meiner Meinung nach gut genug kann. Außerdem klappt es mit Englisch auch irgendwie immer, auch wenn es wunderschön wäre mehr von den Gesprächen zu verstehen. Ich hoffe, dass ich mich wirklich dazu aufraffen kann, leider habe ich aber die Vermutung, dass ich dazu einfach nicht genug Ehrgeiz habe. Ich bin noch nicht richtig angekommen, jedoch habe ich schon viele spannende Erfahrungen gemacht und merke wie sich nach und nach meine Sicht auf die Dinge verändern, ich kann es bis jetzt noch nicht genau in Worte fassen doch ich glaube das ich im Laufe der Zeit immer klarere Gedanken und Schlüsse aus dem hier erlebten ziehen kann. Denn das Leben hier ist auf jeden Fall anders, aber trotzdem leben wir hier in der gleichen Welt, also gibt es doch Ähnlichkeiten.

Das Leben zu betrachten ist unglaublich interessant, am Anfang und jetzt immer noch kann ich mich einfach an den Straßenrand stellen, mich in die Klasse setzten, vom Balkon runter schauen oder aus dem Busfenster gucken ohne mich zu langweilen und das für Stunden.

Ersten Eindrücke

Hinein geschmissenen in eine neue Stadt, ein neues Land, eine neue Kultur, eine neue Art zu denken. Durch meine westlich Brille aus meiner westlichen Expat- Blase (oder Barang wie man hier sagt) sehe ich viel und schließe meine Schlüsse: Es Folgen jetzt witzige Anekdoten, ernste Gedanken, flüchtig Gesehenes und stark Analysiertes.

In Kambodscha gibt es zwei große SIM- Karten Anbieter Cellcard und Smart – ich habe übrigens smart. Für 1$ in der Woche bekommt man 6 GB Internet – fragt man sich nur wofür man soviel brauchen kann. Jedoch kostet es unglaublich viel von einer Cellcard Sim-Karte eine Smart Sim-Karte anzurufen und anders herum, da die Kambodschaner jedoch sehr gerne und viel telefonieren (bevorzugt beim Moto fahren – das Handy unter den Helm geklemmt) hat so gut wie jeder Kambodschaner zwei Handys. Eins für jeweils einen Sim-Karten Anbieter. Dabei gibt es eine breite Varietät der Handy Qualität. Eines der beiden ist so gut wie immer entweder ein neues Iphone oder Samsung Modell, dass zweite kann jedoch von altem Tastenhandy bis hin zum gleichen Modell alles sein.

WhatsApp Image 2018-09-25 at 18.25.03 (2)

Wenn man einmal aus der Innenstadt (Phnom Penh) herausfährt ändert sich die Landschaft vollkommen. Rechts und Links erstrecken sich Reisfelder in einem satten Grün, aus dem vereinzelte lange Palmen herausragen. Ab und zu fährt ein bunt dekorierter Lastwagen vorbei. Neben der Straße wechseln sich Kühe mit Essens und Reparatur Ständen ab. Teure Häuser – mit meist etwas unästhetischem Vorbauten stehen neben armen Holz Hütten. Dieses gleichmäßige Bild wird immer wieder von bunten Tempeln unterbrochen. Egal wie weit weg man von einer großen Stadt ist – alle paar Meter wird die Straße von Schildern gesäumt. Dabei handelt es sich entweder um Schilder auf denen zwei Gesichter und der Slogan “Cambodian People’s Party” gedruckt sind oder um Schilder mit der Aufschrift “Ganzberg – German Premium beer” oder grüne Plakate mit Smart Werbung. Kambodscha scheint vollkommen von ihnen plakatiert und beherrscht zu werden.

WhatsApp Image 2018-09-25 at 18.25.03 (3)

Wenn man Kambodschaner fragt wo sie herkommen gibt es zwei Arten die Frage zu stellen: Bong Bro Moa bi brote aj? (aus welchem Land kommst du?) oder Bong Bro Mao bi Kae aj? (Aus welcher Provinz kommst du?) Die Herkunft – also die Provinz ist für die Menschen hier sehr wichtig und wenn man sich ein bisschen mit ihnen unterhält wird auch ganz schnell klar wo die Menschen lieber sind. Phnom Penh ist zu laut, zu voll und zu dreckig, man ist hier um zu Arbeiten und Geld zu verdienen. Aber das wirkliche zuhause liegt in der Provinz – bei der Familie.

Egal wie klein der Verkaufsstand ist – man würde denken da kommen am Tag vielleicht vier Leute vorbei. Der Besitzer vom Stand hat trotzdem ein IPhone in der Hand.

Das wichtigste für die Kambodschaner ist die Familie, sie nehmen sich selbst vollkommen zurück und haben ihre Erfüllung darin, ihren Kindern und Enkeln zuzuschauen. Die Hausarbeit wird ohne murren übernommen. Der Respekt gilt den Älteren –  ohne wenn und aber. Die Familie kommt zu erst – man selber erst danach. Das steht im starken Kontrast zum “Westen” – Selbstfindung und Selbstverwirklichung wird dort groß geschrieben. Es geht darum das eigen Glück zu finden, das perfekte Leben voller Freunde, Familie und Arbeit zu haben – In Kambodscha undenkbar.

WhatsApp Image 2018-09-25 at 18.25.04 (2)

Es scheint von allem ein Überangebot zu geben. In jedem Markt schmiegt sich ein Kleidungsladen neben den anderen – alle bieten das selbe – kaum jemand kauft. Alle paar Meter fragt ein beschäftigungsloser TukTuk Fahrer nach dem anderen ob man mitfahren möchte. Jedes zweite Haus in Phnom Penh hat einen wenig besuchten Laden bei sich im Erdgeschoss. In jedem Geschäft umringen einen 6 Verkäufer*innen um den einzigen Kunden zu bedienen. Neben jedem Essensstand stehen 5 weitere Stände, die genau das selbe Verkaufen. Alles im Überangebot, alles im Dienstleistungssektor – irgendwie funktioniert es aber irgendwie auch nicht.

Kambodscha erinnert mich manchmal an Deutschland in der Nachkriegszeit. (Vielleicht eher ein schlechter Vergleich, aber irgendwie doch passend) Die Vergangenheit (Khmer Rouge) ist eher schlecht als recht aufgearbeitet, die Menschen verstecken sich in ihren traditionellen Familien. Trotz konservativen Kultur und in die Diktatur abrutschendes Regierungssystem gibt es keine merklich Proteste, von einer “aufbrechenden” Jugend fehlt jede Spur. Es wird keine neue Kultur erschaffen, es gibt kaum Theater, Lesungen, Filme oder sonst etwas, was die von der Khmer Rouge zerstörten Kultur wieder neu und modern aufleben lassen könnte.

Die Gedanken die ich habe, werde ich wohl in einem Jahr wieder über den Haufen werfen können. Und genau deswegen ist es ein interessanter Vergleich, genau diesen Eintrag werde ich am Ende meines eFs noch einmal überarbeiten, mal schauen was raus kommt.

Ein typischer Tag

Die ersten fünf Wochen sind um, deshalb möchte ich von einem typischen Tag aus Phnom Penh erzählen – mit allen Eindrücken die dazu gehören.

8:30 Ich wache auf, weil eine meiner drei Zimmergenossen sich aus dem Laken in unserem Doppelbett schält. Ich lasse die Augen noch zu und taste mit meiner Hand nach der Klimaanlagen Fernbedienung um – falls noch nicht geschehen- sie entweder an oder aus zu machen, um ein wieder angenehmes Klima im entweder zu heißen oder zu kalten Zimmer herzustellen.

8:40 der erste Wecker klingelt und die Handys werden ins Bett gebracht

8:50 mein Wecker klingelt, nun stehen wir alle wirklich auf. Wir ziehen unsere Klamotten an, “Geht das?- Knie und Schultern sind nicht wirklich bedeckt.” – “Ist schon Ok”. Man möchte nicht als ein geschmackloser Touri herüberkomme, aber irgendetwas muss man ja tragen.

9:10 entweder setzten wir uns auf unseren Balkon und teilen uns die am Vortag gekauften – skurrilen Früchte oder wir laufen los um auf dem Markt leckere Sesam-Teilchen zu kaufen.

9:30 alle kommen nacheinander, etwas verspätet beim Sprachkurs an, “Suesaday” zu den Leuten unten im Büro und dann nur noch die engen, etwas Angst einflößenden Stufen hoch auf die überdachte Dachterrasse und schon geht es los . Hausaufgaben sind mal wieder nicht gemacht und Vokabeln wurden nicht gelernt. Trotzdem bringen uns unsere 3 Lehrer nach und nach die Sprache Khmer etwas näher – Aussprache funktioniert so Naja.

12:00 der Magen knurrt und es ist Mittagessen Zeit. Entweder gehen wir zum Markt und lassen uns leckere Reisnudeln mit Frühlingsrollen in unsere mitgebrachten Boxen füllen – nach 2 Tagen hatte man schon ein schlechtes Gewissen wegen dem ganzen Plastik Verbrauch- oder wir Essen die Suppe bei der “Suppenfrau”, direkt unterhalb unseres Apartments für umgerechnet 50 Zent. Beides Lecker. Dann entspannen wir uns in der grausamen Mittagshitze in unseren Betten mal mit mal ohne dem Landesüblichen Mittagsschlaf.

13:40 Einer nach dem anderen macht sich auf den Weg zur seiner NGO. Ich gehe meistens als letzte – ohne Schlüssel- aus dem Haus und schließe nur das Vorhängeschloss. Ich laufe die 2 Treppen hinunter – in der Mittagshitze fühlt es sich immer wie Hochleistungssport an- und nehme unten das übriggebliebene, meist platte Fahrrad. Und dann geht’s schon los in das große Abenteuer – der Straßenverkehr – alle Hupen, keiner achtet auf Straßenschilder und Schulterblick ist hier ein Fremdwort, doch irgendwie klappt es trotzdem – außer wenn mal wieder zu viele Autos von der falschen Seite der Einbahnstraße kommen und nach vielen gestehe sich endlich jemand erbarmt auszusteigen und das ganze zu regeln. Ich fahre weiter und komme an vielen Essensstände (süß, sauer, salzig, scharf und was soll das sein?), Sprit Verkäufern (in Coca Cola Flaschen) und Krimskrams Ständen vorbei. Dabei ist jedoch auffällig, das an einem Ort immer gleich mehrere Stände von ein und der selben Sache sind.

14:05 etwas verspätet, komplett durchgeschwitzt (das merkt man jedoch erst bei der Ankunft) aber trotzdem als erste trete ich in die wohnzimmerartige Eingangshalle, “Suesaday” “Soksebye e?” “Sokseby! Soksebye e?” “Soksebye, ochgun!”, dann gehe ich die Treppe hoch, packe meinen Laptop aus und starte gemächlich meine Arbeit.

17:00 Ich klappe meinen Laptop zu. Teils produktive, teils unproduktive Arbeit liegt hinter mir. Ich schaue nach Draußen, es regnet in Strömen – Regenzeit. Erleichtert stelle ich fest, dass ich heute an mein Regencape gedacht habe. Dies stülpe ich dann auch über mich und meinen Rucksack, schwinge mich auf das Fahrrad und rolle durch eine Pfütze tiefer als die andere. Mir kommen gut vorbereitet, in Plastik eingehüllte Gestalten und gehetzt wirkende, tropfnasse Fahrer entgegen.

17:20 Schnaufend gehe ich die Treppe hoch, zum Glück ist schon ein Mitbewohner da – denn ich habe ja keinen Schlüssel. Fröhlich erzählen wir uns Anekdoten über den Arbeitstag – denn momentan ist noch alle neu und spannend.

18:00 Jetzt kommt die große Frage: Kochen, auf dem Markt essen oder sich etwas im Restaurant gönnen. wie auch immer die Entscheidung ausfällt wird es meist ein entspannter Abend, den wir sitzen und quatschend auf unserem Balkon oder in der Küche verbringen um dann – zu spät – ins Bett zu gehen.

Diese schöne Zeit ist jetzt vorbei, denn für mich geht es auf nach Siem Reap, ein ganz neuer Alltag liegt vor mir.

Warum habe ich ein Smartphone

Warum habe ich ein Smartphone?

Ist doch ganz klar, es macht alles einfacher. Ich kann damit im Internet surfen, ich kann schneller mit Freunden kommunizieren,  ich kann mit spielen und sozialen Netzwerken meine Freizeit verbringen. Doch handelt es sich dabei um tatsächliche Bedürfnisse? Wäre ich vor 200 Jahren geboren, dann hätte ich ein genauso Glückliches Leben wie heut haben können – aber ohne Smartphone. Es hätte mir in keinster Weise gefehlt, denn ich wüsste nicht was es ist.

Warum kaufe ich mir einen Sodastream?

Ist doch ganz klar, es macht alles einfacher. Ich muss keine Kästen schleppen. Vielleicht habe ich Bekannte darüber reden hören und habe mir dann gedacht: warum nicht? Doch handelt es sich dabei um ein tatsächliches Bedürfnis? Hätte ich nie von einem solchen Gerät gehört, hätte ich es mir nicht angeschafft und hätte es auch nicht vermisst.

Warum mache ich einen Kurs zum Thema Informatik?

Vielleicht interessiert mich das Thema einfach, doch es ist wahrscheinlicher, dass ich mich für meine Zukunft wappnen möchte. Eventuell möchte ich in meiner Zukunft etwas damit machen um Geld zu verdienen. Doch handelt es sich dabei um ein tatsächliches Bedürfnis? Weder das Wissen über Informatik, noch das Geldverdienen hat etwas mit mir und meinen Bedürfnissen zu tun. Ja, Geldverdienen hilft mir bei meinem Leben, aber kein Kleinkind wird frei sagen: Ich möchte Geld haben, es handelt sich dabei lediglich um ein Gesellschaftliches Konstrukt.

Das Problem:

Wir Menschen sind satt, zu mindestens in der “westlichen” Welt haben wir genug zum Leben, wir müssen nicht hungern, nicht frieren und haben keine Angst zu sterben. Also hätten wir eigentlich alle genug Zeit uns damit zu beschäftigen glücklich zu sein. Doch so funktioniert unser Wirtschaftssystem nicht. Es ist darauf angewiesen, dass durchgehend Nachfrage besteht (lassen wir die Grundmittel beiseite), in einer Welt, in der jeder Mensch genug zum Leben hat und glücklich ist, besteht jedoch nur noch wenig Nachfrage. Somit werden Bedürfnisse geschaffen, der Mensch glaubt er braucht Gegenstände und Dienstleistungen die eigentlich nicht Notwendig wären. Der Mensch wird durch Werbung und andere Wege dazu gebracht zu glauben, dass er unglücklich ist und das der Weg zum Glück durch die Anschaffung dieses einen Produktes erleichtert wird. Doch dieses Produkt hat nichts und wirklich gar nichts mit Glück zu tun. Ganz im Gegenteil durch den riesigen Berg von Produkten den wir als Notwendig ansehen, müssen wir mehr Geld verdienen, uns Bilden, damit wir einen guten Arbeitsplatz bekommen, haben ein stressigeres Leben, beschäftigen uns mehr mit Dingen als mit Personen und werden Unglücklicher (schaut man sich an wie Medien den Menschen unglücklicher, sogar krank machen wird das ganze noch absurder: Manfred Spitzer Digitale Demenz). Wie widersprüchlich kann diese Gesellschaft sein? Leider gibt es keinen Lichtschein am Ende, denn die Gesellschaft ist darauf gebaut, dass es immer mehr Innovationen gibt, es müssen also immer mehr Bedürfnisse erfunden und in die Köpfe der Menschen hinein gebracht werden, damit die Wirtschaft nicht kollabiert. Somit wird der Mensch zu Gunsten der Wirtschaft immer weiter verändert, unglücklicher und kränker gemacht. Wo bleibt der Sinn, wenn die Gesellschaft doch für den Menschen da ist?

Wahlurne oder Supermarktkasse

Wir leben in einer Demokratie. Demokratie bedeutet so viel, wie die Herrschaft des Staatsvolkes. Es gibt keine Beherrschten und alle Gewalt geht vom Volke aus. Wir in Deutschland üben unseren Einfluss durch die Wahlen aus. Alle 4 Jahre wählen wir die Zusammensetzung des Bundestages, alle 5 Jahre die des Landtages usw. Inwiefern dies der Definition von Demokratie entspricht ist ein anderes Thema, ich möchte den Fokus in diesem Text woanders setzen.

Wir können mitbestimmen und sollten deshalb gut und begründet wählen gehen. Ich denke fast jeder würde dieser Aussage zustimmen. Jedoch stellt sich in der heutigen Zeit die Frage, ob wir den größten Einfluss auf unsere Gesellschaft wirklich an der Wahlurne ausüben. Heutzutage beherrschen Global player die globalisierte und digitalisierte Welt, Umweltzerstörung und Ausbeutung der Menschen liegt größten Teils in der Verantwortung von riesigen Unternehmen und die Lobbyverbände haben starken Einfluss auf die politischen Entscheidungen jedes Landes. Die Regierung eines Landes allein hat verglichen mit der globalisierten Wirtschaft kaum Einfluss auf die zentralen Fragen der heutigen Gesellschaft. Die Macht der Global Player wird durch unser Konsumverhalten gestärkt, denn die kapitalistische Wirtschaft beruht auf Angebot und Nachfrage, Verkaufen und Kaufen, Unternehmen und Kunde, also aus dem Wechselspiel beider Seiten: Gibt es keine Nachfrage wird das entsprechende Angebot nicht mehr lange auf dem Markt bleiben. Folglich haben wir, die Konsumenten einen erheblichen Einfluss auf die Warenproduktion und somit auf jegliches Unternehmen, darunter auch die Global Player. Tag ein Tag aus entscheiden wir uns für gewisse Produkte und geben Geld aus, Tag ein Tag aus entscheiden wir uns für gewisse Unternehmen und fördern deren Einfluss, Tag ein Tag aus entscheiden wir über Ausbeutung, Umweltzerstörung und politische Einflussnahme. Beeinflussen wir durch unseren Konsum und unsere Handlungen die Gesellschaft nicht viel stärker als durch die demokratische Stimmenabgabe? Hat die globalisierte Wirtschaft unser demokratisches System nicht schon längst ausgehebelt? Ist die Supermarktkasse nicht zur wahren Wahlurne geworden?

Wenn man diesen Thesen zustimmt kann man die heutige Gesellschaft auch besser nachvollziehen. Kaum ein Bürger sagt, dass er für Umweltzerstörung und für Ausbeutung ist, jedoch geschieht dies immer weiter –  in einem Demokratischen Land, indem alle Macht vom Volke ausgeht, eigentlich unvorstellbar. Der Wiederspruch entspringt aus dem Wiederspruch im Menschen selber. Der Mensch kann einfach und gerne abstrakt und mittelbar Gutes wollen, abstrakt die besten Absichten haben, abstrakt moralisch denken, denn abstrakt ist geistig und sehr unkonkret. Wahlen sind abstrakt, der Mensch muss sich isoliert für etwas entscheiden, ohne eine direkte, unmittelbare Handlung auszuführen, die wirklich etwas mit der Entscheidung zu tun hat (ein Kreuz bei der jeweiligen Partei zu machen, senkt nicht unmittelbar Steuern oder schafft mehr Pflegekräfte). Wenn es jedoch um direkte Handlungen geht, ist der Mensch viel weniger bereit Gutes zu tun. Das reale Handeln des Menschen steht also im direkten Wiederspruch zu seiner abstrakten Meinung. Es gibt einen weiteren Unterschied zwischen dem Einfluss durch Wahlen und dem Einfluss durch den Konsum.  Der Konsum wird von den körperlichen Begierden des Menschen getrieben, dabei darf man den Begriff der körperlichen Begierden nicht zu einseitig Betrachten: z.B. die Nutzung von sozialen Netzwerken, das Kaufen von Smartphone, Laptop und Auto kann man in diesen Bereich ein kategorisieren. Im Gegensatz dazu basiert die Entscheidung des Menschen bei einer Wahl auf seinem Verstand. Er wägt vorher kritisch ab um dann seine differenzierte Entscheidung zu treffen. Natürlich ist diese nicht vollkommen unabhängig von seinen Körperlichen Bedürfnissen, jedoch wird diese Wahl bewusster und mit dem Verstand getroffen. Daraus resultiert, dass die auf dem Verstand des Menschen angewiesene Gesellschaft nicht mehr durch diesen kontrolliert wird. Ganz im Gegenteil, die zentralen Fragen werden durch das direkte befriedigen der körperlichen Bedürfnisse beantwortet. Leider sind die körperlichen Bedürfnisse meist egoistisch, kaum reflektiert und nur selten moralisch. Somit regiert nicht mehr der Verstand die Welt, sondern unsere durch den Konsum befriedigten Bedürfnisse.

Warum müssen wir das Leid auf der Welt noch mehren?

Gibt es nicht schon genug Leid auf der Erde?

Doch wie wir handeln, da könnte man denken, wir hätten noch nicht genug. Durch unser Konsumverhalten unterstützen wir die Ausbeutung von Personen. Kinder, Eltern, Familien, Menschen leiden unter menschenunwürdigen Bedingungen. Wir unterstützen bereitwillig die Zerstörung der Umwelt. Umweltkatastrophen geschehen –  Menschen sterben, verlieren Angehörige, ihr gesamtes Hab und Gut. Menschen müssen Fliehen. Einzigartige Natur wird ausgerottet. Wir bezahlen für die Misshandlung von Tieren. Unsere Regierung und damit auch wir (denn wir schauen weg) erlauben Waffenhandel und weigern uns Menschen in Not angemessen zu unterstützen – unsere Wirtschaft wird durch das verbreiten von Leid angekurbelt. Wir grenzen Menschen, die anders sind aus, wir bringen Leid in ihr Leben.

Wozu Krieg, Ausbeutung, Zerstörung, Misshandlung und Ausgrenzung –  aus Egoismus?

Gibt es nicht schon genug Leid auf der Erde?